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Griechenland bittet Norwegen um Dublin II-Stopp

Wie aus diesem Artikel hervorgeht, ist die Situation für Asylsuchende in Griechenland immer noch so schlimm, dass sogar der griechische Staat keine andere Lösung sieht als eine Aussetzung der Dublin II-Abschiebungen.

Greek authorities have called on Norway to stop sending asylum seekers back because they don’t have enough money. […] Greece is signatory to the Dublin-II Convention, meaning all refugees have to be sent back to the country where they first applied for asylum. However, the Greeks have called for the convention to be amended because they feel it’s both disloyal and unfair. Pål Lønseth, State Secretary at the Ministry of Justice, says they won’t be changing their policy, though. According to NRK, he claims the burden on society would be too big in relation to the size of Norway’s population. There are 20,000 spaces for 18,000 registered refugees in Norway, but Greece only has 865 to cover 25,000.
“European countries have to show each other solidarity. I think Norway can afford it,” says Jannis Tassopoulos, Director of the Section for Vulnerable Groups at the Greek Ministry of Health.

Abschiebestopp in Frankreich

Das französische oberste Verwaltungsgericht (Conseil d’État) hat die Dublin II-Abschiebung einer palästinensischen Familie nach Griechenland gestoppt. Die Familie war im Oktober 2009 auch in Pagani inhaftiert und hatte es dann nach Marseille geschafft. Es ist die erste solche Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Aus dem Urteil (Übersetzung):

Therefore, in the particular circumstances of the case, their readmission to Greece would be a severe and manifestly illegal impairment of the fundamental freedom of the right to asylum.

EGMR stoppt Dublin II-Abschiebung nach Griechenland

Letzte Woche hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine Dublin II-Abschiebung aus Österreich nach Griechenland durch eine einstweilige Verfügung gestoppt und damit ähnlich wie das Bundesverfassungsgericht im September 2009 entschieden.

Der Standard berichtet weiter:

Eine “Reihe von anderen Staaten” habe bereits ebenfalls Mitteilungen des EGMR bekommen – es gehe dabei immer um Abschiebungen nach Griechenland. Generelle Auswirkungen habe die aktuelle Maßnahme aus Straßburg nicht, da jeder Fall einzeln geprüft wird.

Außerdem gibt es noch Zahlen zu berichten:

Vom Bundesasylamt wurden im Vorjahr insgesamt 7.900 Dublin-Fälle geprüft. Bei 5.464 handelte es sich um sogenannte Dublin Out-Verfahren (für das Asylverfahren ist ein anderer Staat zuständig). 2.436 Fälle waren Dublin In-Verfahren (in diesem Fall ist Österreich zuständig). Im Jahr 2009 fanden laut Angaben des Innenministeriums 1.424 Überstellungen statt. In den ersten drei Monaten 2010 waren es 438. Die meisten Dublin-Verfahren seien mit den Ländern Polen, Ungarn, Griechenland und Italien zu führen.

Bundesregierung bleibt uneinsichtig

Aus einer kleinen Anfrage (pdf) der Linksfraktion im Deutschen Bundestag und der Antwort der Bundesregierung geht hervor, dass die Bundesregierung weiter nicht beabsichtigt, die Dublin II-Abschiebungen nach Griechenland auszusetzen. Hier ein paar Auszüge:

4. Wie viele Asylverfahren waren Ende 2009 in Griechenland anhängig und noch nicht entschieden, und wie hoch war die Anerkennungsquote im Jahr 2009 in Griechenland (bitte jeweils auch nach den verschiedenen Entscheidungsinstanzen unterscheiden und gegebenenfalls Angaben zu anderen Zeiträumen machen, soweit diese vorliegen)?

Nach Angaben des Ministeriums für Bürgerschutz in Athen wurden im Jahr 2009 12 727 neue Asylanträge gestellt. In der ersten Instanz sind 29 501 Anträge bearbeitet worden; darunter sind auch 2008 gestellte Asylanträge. In der zweiten Instanz sind 12 095 Anträge neu gestellt und 870 bearbeitet worden. Als „unerledigt“ sind in der ersten Instanz 3 122 Fälle ausgewiesen, in der zweiten Instanz 45 079 Fälle. Die Anerkennungsquote in der ersten Instanz betrug 0,09 Prozent, zusätzlich wurde in 0,31 Prozent der Fälle humanitärer Schutz gewährt. In der zweiten Instanz wurden in 2,87 Prozent der Anträge Asyl gewährt, zusätzlich ist in 1,26 Prozent der Fälle humanitärer Schutz gewährt worden.

5. Wie begründet die Bundesregierung ihre Hoffnung auf Verbesserungen im griechischen Asylsystem (vgl. Bundestagsdrucksache 16/14149, Frage 29), z. B. infolge der Änderungen des griechischen Asylsystems vom Sommer 2009 (u. a. Dezentralisierung) angesichts des Umstands, dass der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) in einer Pressemitteilung vom 15. Mai 2009 erklärte, dass gerade diese Änderungen die Unabhängigkeit und Objektivität der zweiten Instanz gefährden und damit unter anderem die einheitliche Anwendung der Genfer Konvention und internationalen und europäischen Rechts und ein faires Verfahren „aufs Spiel“ gesetzt würden?

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die griechische Regierung die erforderlichen Schritte unternimmt, um Probleme im griechischen Asylsystem zu beseitigen – sowohl in Bezug auf gesetzgeberische Maßnahmen zur Reform des Asylrechts als auch auf praktische Maßnahmen in der Verwaltung. Zur Dezentralisierung des Asylverfahrens durch den Präsidialerlass vom Sommer 2009 hat die Bundesregierung in ihrer Antwort zu Frage 29 der Kleinen Anfrage in Bundestagsdrucksache 16/14149 darauf hingewiesen, dass es noch zu früh sei, Aussagen über Auswirkungen des neuen Verfahrens zu treffen; im übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.

9. Ist es zutreffend, dass der UNHCR seit April 2008 einen generellen Stopp von Überstellungen nach Griechenland fordert, und wie weit geht diese Forderung in die Überlegungen der Bundesregierung ein (bitte begründen)?

Der Bundesregierung ist bekannt, dass der UNHCR befürwortet, keine Überstellungen von Asylbewerbern gemäß der Dublin-Verordnung nach Griechenland durchzuführen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 der Kleinen Anfrage in Bundestagsdrucksache 16/14149 verwiesen.

10. Ist es zutreffend, dass der UNHCR sich seit Juni 2009 nicht mehr am griechischen Asylsystem beteiligt, und geht die Bundesregierung damit ebenfalls nicht mehr davon aus, dass der Zugang zum Asylverfahren „grundsätzlich“ gegeben sei, wie der UNHCR in früheren Stellungnahmen geschrieben hatte?

Nach Kenntnis der Bundesregierung trifft es zu, dass der UNHCR seine Beteiligung am griechischen Asylsystem eingestellt hat, er wirkt allerdings weiterhin an der Ausbildung von zusätzlichen Befragern mit. In die aktuelle Diskussion zur Reform des griechischen Asylsystems ist der UNHCR eingebunden.

Die Bundesregierung ist weiter der Auffassung, dass Asylbewerber, die nach der Dublin-Verordnung von Deutschland nach Griechenland überstellt werden, grundsätzlich Zugang zu einem Asylverfahren haben.

Weiter liefert die Antwort der Bundesregierung Statistiken. Im Januar und Februar 2010 hat Deutschland demnach 420 Rückübernahmeersuchen an Griechenland gerichtet, von denen 312 positiv beschieden worden sind. Dem stehen 257 Fälle der Ausübung des Selbsteintrittrechts entgegen, woraus hervorgeht, dass Deutschland weiter aktiv darum bemüht ist, Dublin II-Abschiebungen nach Griechenland durchzuführen. Dies scheint jedoch mittlerweile praktisch unmöglich zu sein, stehen den 312 positiven Rückübernahmeersuchen doch lediglich sieben vollzogene Abschiebungen gegenüber. Leider gibt die Statistik keine Ursache für das Scheitern der restlichen 305 Abschiebungen, es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass in den meisten Fällen Rechtsmittel eingelegt wurden. Aus der Statistik geht hervor, dass es 2010 schon 66 Entscheidungen von Gerichten gegen eine Dublin II-Abschiebung nach Griechenland gab, während lediglich 18 Mal die Abschiebung erlaubt wurde. Damit stellt sich die Bundesregierung mit ihrer Haltung gegen die Mehrheit der deutschen Gerichtsentscheidungen.

Währenddessen besuchten AktivistInnen am 13. April 2010 eine Veranstaltung des parlamentarischen Staatssekretärs im Innenministerium Ole Schröder (CDU). Er ist dort für den Bereich “Migration und Integration” zuständig ist, welcher Dublin II miteinschließt. Er ist damit persönlich an der Formulierung der harten Haltung der Bundesregierung beteiligt, wollte sich jedoch auf der Veranstaltung der Diskussion nicht stellen.

Zwei neue Texte

Kurzer Hinweis auf zwei neue Texte.

Das EU-Büro von Amnesty International hat einen Bericht zur Situation von Flüchtlingen in Griechenland veröffentlicht: Flüchtlinge werden in Griechenland teilweise unter menschenunwürdigen Bedingungen festgehalten, sie haben keinerlei Chancen auf ein faires Asylverfahren und sind in Gefahr, in Länder abgeschoben zu werden, in denen ihnen Folter und Verfolgung drohen. Amnesty kritisierte anlässlich der Veröffentlichung, dass Deutschland im Rahmen der Dublin-II-Verordnung trotzdem Asylsuchende nach Griechenland zurückschiebt, obwohl die Situation bekannt ist und das Bundesverfassungsgericht derlei Rückführungen bereits mehrfach vorläufig gestoppt hat.

Im Hinterland Magazin ist ein Artikel zur Problematik des Dublin II-Verordnung von Dominik Bender erschienen.

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