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Time to Act. Dublin muss weg!

dublin-call-2014

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Noch nie war der Widerstand gegen die Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen und Migrant*innen und insbesondere gegen innereuropäische Abschiebungen so lautstark: Deutschland- und europaweit formieren sich Initiativen wie die selbstorganisierten Kämpfe der „Lampedusa-Gruppen“. Auch die Außengrenzen sind so umkämpft wie noch nie. Fast wöchentlich überwinden Migrant*innen kollektiv die Grenzzaunanlagen in Ceuta und Melilla, tausende sind in den letzten Monaten in Sizilien gelandet, auf Lampedusa verweigerten öffentlich Hunderte erfolgreich die Registrierung ihrer Fingerabdrücke und auch in der Ägäis kommen täglich mehr Boote auf den griechischen Inseln an.

Das Dublin-System nimmt Geflüchteten das Recht, zu entscheiden, wo sie Asyl suchen. Automatisch für das Asylverfahren zuständig ist immer das Land der Einreise. Um die Dublin Verordnung durchzusetzen, wurde und wird eine gigantische Menge biometrischer Daten (EuroDac) erfasst.

Die Hauptverantwortung wird damit an die europäischen Außen-
grenzen verlagert. Deutschland gehört zu den Hauptprofiteuren dieses Systems. Seit der Reformierung der Dublin-Verordnung Ende 2013 hat eine regelrechte Welle von Abschiebungen an die Ränder Europas begonnen – dabei machten schon 2013 Dublin-Abschiebungen etwa ein Drittel aller Ab- und Zurückschiebungen aus Deutschland aus.

Der Widerstand gegen die Dublin-Verordnung ist vielfältig. In jahrelangen Auseinandersetzungen haben antirassistische Initiativen Anwälte und Anwältinnen, NGOs, und die Betroffenen vor europäischen Gerichten einen Abschiebestopp nach Griechenland erstritten. In andere europäische Länder mit ähnlich desaströsen Bedingungen wird dennoch weiterhin abgeschoben. Die Reformierung der Dublin-Verordnung hat nicht mehr als kosmetische Veränderungen gebracht. Die katastrophalen Zustände in anderen EU-Ländern führen dazu, dass sich viele Asylsuchende seit Jahren in der Schleife von Weiterflucht und Abschiebung befinden. Eine der Grundideen von Dublin „No refugees in orbit“, die schnelle Klärung der Zuständigkeit, wird durch die langjährigen Odysseen und Abschiebeerfahrungen der Flüchtlinge ad absurdum geführt.

Das Dublin System ist Teil eines menschenverachtenden europäischen Grenzregimes. Dublin muss weg!

Kontakt und konkrete Unterstützung sind für jede und jeden einzelnen enorm wichtig und steigern die Chancen, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden – das Gefühl nicht allein zu kämpfen hilft, nicht aufzugeben. Es braucht viele Menschen, die Kontakt aufnehmen und Freundschaften knüpfen.

Viele der Betroffen haben traumatische Erfahrungen gemacht. Um ihnen zu helfen und Dublin-Abschiebungen zu verhindern, werden Behandlungen und Atteste über physische und psychische Erkrankungen nötig. Oft sind diese die einzige Möglichkeit, auf juristischem Weg Abschiebungen zu stoppen. Deshalb sind Kontakte zu Ärztinnen und Ärzten, Psychologinnen und Psychiatern unerlässlich, die entsprechende Diagnostiken und Gutachten erstellen.

Wir brauchen Schutzräume für die von Abschiebungen bedrohten Menschen. Viele von ihnen müssen nur wenige Monate überbrücken, um eine Abschiebung zu stoppen. Das Kirchenasyl erscheint als effektives Mittel, indem es einen konkreten Schutzraum schafft und – sofern mit öffentlichen Initiativen verbunden – gleichzeitig den politischen Druck aufbaut. Wir müssen Kontakte zu solidarischen Gemeinden und Unterstützer*innen auf- und ausbauen!

Es gilt, die politischen Akteure vor Ort in die Verantwortung zu nehmen. Die Forderungen der Lampedusa-Gruppen nach einem Bleiberecht richten sich nicht zuletzt an die Städte und Gemeinden, in denen die Flüchtlinge angekommen sind und bleiben wollen. Einen gleichgültigen Verweis durch Politiker*innen auf europäische Vorgaben nehmen wir nicht hin! Es gibt viele Handlungsmöglichkeiten: Fordert Kommunalpolitiker*innen auf, ihren Spielraum zu nutzen, schreibt offene Briefe, stürmt Bürgersprechstunden!

Vor allem gegen Abschiebungen nach Italien, aber auch nach Malta und Ungarn, wehren sich viele Flüchtlinge noch in letzter Minute. Bei Abschiebeversuchen per Flugzeug stehen sie auf oder weigern sich, sich anzuschnallen. Scheitert die erste Abschiebung, werden die Betroffenen vielfach in Abschiebehaft genommen. Beim zweiten oder dritten Abschiebeversuch sind sie dem Druck durch die begleitenden Polizeibeamten ausgesetzt. Geflüchtete brauchen solidarische Mitreisende und Unterstützung am Flughafen, denn sie fliegen nicht freiwillig!

Die Betroffenen werden sich zweifellos weiterhin Abschiebungen widersetzen, leider werden nicht alle erfolgreich sein. Nach der Abschiebung ist es wichtig, mit den Menschen in Kontakt zu bleiben, uns mit ihrer Forderung nach Bewegungsfreiheit zu solidarisieren und sie praktisch zu unterstützen. Wir müssen dokumentieren, was die Betroffenen nach ihrer Abschiebung erleben. Außerdem geht es um die praktische Unterstützung bei der Rückkehr. Wir benötigen ein transeuropäisches Netzwerk, das in der Lage ist, Asylsuchende dabei zu unterstützen, was sie schon alltäglich machen: das Dublin System zu unterlaufen.

Lampedusa ist überall!
Täglich entziehen sich Geflüchtete massenhaft den angeordneten Abschiebungen, indem sie untertauchen, sich widersetzen oder weiterziehen. Solange die Lebensbedingungen in Italien, Ungarn, Polen oder anderswo menschenunwürdig sind, werden sich Asylsuchende nicht von einer europäischen Verordnung von der Weiterflucht abhalten lassen – vielmehr findet mit den Füßen eine stille Abstimmung gegen das Dublin-System statt.

In Hamburg kämpft die Gruppe “Lampedusa in Hamburg” seit fast einem Jahr für ein Bleiberecht und das Recht auf ein menschenwürdiges Leben. In Osnabrück haben Betroffene und Unterstützer*innen sich mit einer Blockade erfolgreich den Dublin-Abschiebungen widersetzt. In Frankfurt demonstrieren Hunderte gegen Abschiebungen nach Italien. In Hanau gründete sich eine weitere Lampedusa-Initiative. In Göttingen konnte die Abschiebung eines Somaliers nach Italien trotz massiver Polizeigewalt durch eine Blockade verhindert werden…

Protestmarsch nach Brüssel
…All diese Aktivitäten fallen in eine Phase verstärkter Selbstorganisation, die mit dem Protestmarsch nach Berlin 2012 eine neue Dynamik gewonnen und sich seitdem weiter verdichtet hat. Aktueller Ausdruck/Höhepunkt ist die Vorbereitung eines neuen transnationalen Marsches von Straßburg nach Brüssel, der von Refugees, Sans Papieres und MigrantInnen aus mehreren europäischen Ländern gemeinsam initiiert wurde.

Er beginnt am 18. Mai und mündet am 20. Juni in einer Aktionswoche in der Hauptstadt der EU, um gegen das dortige Gipfeltreffen der Innenminister zu protestieren. Ein inhaltlicher Schwerpunkt dieses Marsches ist der Kampf gegen die inneren Grenzen der EU und damit insbesondere gegen die Dublin-Verordnung und das EuroDac-System. Wir rufen dazu auf, an dem Marsch und den Aktionstagen in Brüssel teilzunehmen und unsere Kämpfe damit verstärkt auf die europäische Ebene zu tragen.

Newsletter #4 veröffentlicht

Heute, ein Tag vor der mündlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts, ist der vierte Newsletter der Dublin II-Kampagne erschienen. Er enthält folgende Themen:

  • Verfahren vor dem Europäischem Gerichtshof und dem Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte
  • Aussetzung von Abschiebungen nach Griechenland
  • Situation in Griechenland
  • Wird Ungarn das nächste Griechenland?
  • Materialmappe für die Beratung von Flüchtlingen im Dublin-Verfahren

Aktionen in Dortmund und Hamburg

Am 28. Mai fanden in Dortmund und Hamburg kleine feine Aktionen statt, mit der der Forderung nach einem Stopp der Dublin II-Abschiebungen nach Griechenland nochmal Nachdruck verliehen wurde.

Dortmund

Axel Christof, Referatsleiter in der Bundesamtsaußenstelle in Dortmund, wollte den für ihn vorbereiteten „Dublin II-Award“ in Form einer Stachledrahtblume zunächst nicht annehmen. Die extra aufgebotene Security am Haupteingang hatte den Auftrag, allenfalls ein Papier aber keine Gegenstände zu akzeptieren. Ihm wurde deshalb ein entsprechendes Plakat übergeben (siehe Fotos). Aber als dann in den Schlussworten der Kundgebung angedeutet wurde, dass ihm der Original-Award nach Hause gebracht würde, kam keine zwei Minuten später ein neuer Bote: Axel Christof wolle die Stacheldrahtblume jetzt doch gleich annehmen!

Immer wieder haben die Bundesamts-Beschäftigten aus den Fenstern gelinst und offensichtlich den lautsprecherverstärkten Redebeiträgen zuhören müssen. Das Dublin-Referat wurde darin verantwortlich gemacht für tausendfache Abschiebungen, für unzähliges Leid bis hin zum Tod von Flüchtlingen und MigrantInnen, die auf Initiative des Referats 431 in die Außengrenzenländer der EU zurückgeschoben werden. Insbesondere die katastrophale und krisengeprägte Situation in Griechenland wurde nochmals dargestellt; der fortgesetzte Versuch der Behörden, Flüchtlinge dorthin zurückzuschieben, ist ein besonderer Skandal. Axel Christof gehört zu den Hardlinern bei der Durchsetzung von Dublin-II-Abschiebungen, er wurde deshalb im Redebeitrag als Schreibtischtäter angesprochen.

Knapp 20 Menschen haben sich an dem frühmorgendlichen Protest beteiligt und mit Transparenten und Fotoplakaten den Eingangsbereich „demonstrativ umgestaltet“. Trotz großem Polizeiaufgebot wurden die Bundeamt-Beschäftigten wie auch die zu den Anhörungen einbestellten Flüchtlinge aber über einen Hintereingang ins Gebäude gelotst. Insofern war es umso wichtiger, mit einer Lautsprecheranlage das Gebäude zu beschallen. Dublin-II-Rückschiebungen stoppen und Auflösung des Referats 431 – die zentralen Botschaften der Redebeiträge konnten von den Angestellten im Gebäude gut verstanden werden – jedenfalls akkustisch!

Hamburg

Antirassismus-AktivistInnen präsentieren das Bild der geläuterten Innenminister der Frühjahrs-IMK (Innenministerkonferenz). Mit überraschenden Erkenntnissen haben Antirassismus-AktivistInnen am Freitag den Medien ein alternatives Bild der Innenminister präsentiert. Die geläuterten Innenminister legten in ihrer Kaminrunde am Mittwochabend neue, veränderte Richtlinien für die deutsche Flüchtlingspolitik fest. Geschlossen treten sie am Donnerstag um 13.15 Uhr zum alternativen Pressefoto vor dem Grand Hotel Elysée, Rothenbaumchaussee 10 an und visualisierten ihre „anderen“ Beschlüsse.

Kundgebung in Dortmund (28. Mai)

“Dublin”-Abschiebungen stoppen – nach Griechenland und überhaupt!
Kundgebung 28.05.10 – ab 07:00 Uhr / Bundesamt für Migration und Flüchtlinge / Dortmund / Huckarder Straße 91

In Griechenland ist der Zugang zum Asylverfahren für Schutzsuchende so gut wie nicht vorhanden: Unrechtmäßige Rückschiebungen in die Türkei sind an der Tagesordnung, monatelange Internierungen in geschlossenen Lagern die Regel. Die Anerkennungsquote liegt bei unter 1%, Tausende von Flüchtlingen und Migrant_innen stecken mittel- und obdachlos in Athen fest. Die Griechische Regierung hat zwar Reformen angekündigt, doch die neuen Gesetze werden frühestens nach dem Sommer verabschiedet. Ihre Umsetzung steht nicht nur angesichts der schweren ökonomischen Krise in den Sternen. Dennoch wird auch von deutschen Behörden immer wieder versucht, Flüchtlinge nach Athen zurückzuschieben. Grundlage ist die Asylzuständigkeitsverordnung, auch kurz Dublin II genannt.

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Email- und Fax-Kampagne!

Das Bundesinnenministerium (BMI) in Berlin trägt die politische Verantwortung für die Dublin-Abschiebungen, denn von hier kommen die zentralen Weisungen. Was hier entschieden wird, setzen Bundesamt und Bundespolizei um. Hauptverantwortlich sind somit Bundesinnenminister Thomas de Maizière und der zuständige Staatssekretäre Ole Schröder. Das Nürnberger Bundesamt für Migration führt die Oberaufsicht über Dublin II und bearbeitet Fälle mit grundsätzlicher Bedeutung. Verantwortlich sind hier einerseits der Bundesamtseiter Albert Schmid, aber auch die Dublin-Referatsleiterin Iris Escherle. Die konkreten Übernahmeersuchen organisiert in der Dortmunder Außenstelle das Referat 431 unter seinem Leiter Axel Christof, der als Hardliner bekannt ist. In einer Email- und Faxkampagne wollen wir diesen fünf maßgeblichen Personen in den nächsten Wochen möglichst nachhaltig deutlich machen, dass wir die Dublin II-Abschiebung insbesondere nach Griechenland nicht widerspruchslos hinnehmen und sie zur sofortigen Aufgabe dieser von ihnen zu verantwortenden Praxis auffordern. Dazu haben wir auf der Kampagnenwebseite zwei Beispiele vorformuliert, die ihre jeweiligen Ämter und Funktionen berücksichtigt. Wir bitten alle, sich ein wenig Zeit zu nehmen, und sich mit diesen Beispielen oder besser noch eigenen Schreiben an der Kampagne zu beteiligen. Anbei die jeweiligen Faxnummern und Emailadressen:

  • Thomas de Maizière: Telefax 030/22776626, Email thomas.demaiziere@bundestag.de
  • Ole Schröder: Telefax 04101/585378, Email ole.schroeder@wk.bundestag.de
  • Albert Schmid: Telefax 0911/9431000, Email albert.schmid@bamf.bund.de
  • Iris Escherle: Telefax 0911/9438095, Email iris.escherle@bamf.bund.de
  • Axel Christof: Telefax: 0231/9058199, Email axel.christof@bamf.bund.de

Beispielbriefe: Bundesinnenministerium und Bundesamt

Kampagnenzeitung Über die Grenze

Zum Auftakt der Kampagne haben wir eine Zeitung erstellt, die die Problematik der Dublin II-Regulation anhand der Situation in Griechenland darstellt. Ebenso beleuchtet werden jedoch das Sterben im Mittelmeer, Einzelschicksale und Ausblicke auf 2010.

Die Zeitung ist in einer Auflage von 10.000 Stück gedruckt worden und kann unter folgender Emailadresse bestellt werden: kampagne [at] dublin2 [punkt] info. Die Zeitung eignet sich zum Auslegen, aber kann auch gerne bei lokalen Aktionen eingesetzt werden.

Kampagnenzeitung Über die Grenze – Dublin II, Flucht und Abschiebung in einem Europa der Grenzen als .pdf herunterladen (857kb)

Inhaltsverzeichnis und alle Texte der Zeitung

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