Monthly Archive for January, 2011

VG Frankfurt stoppt Italien-Abschiebung

Beschluß vom 17. Januar 2011 (unsere Hervorhebungen)

Vorläufiger Rechtsschutz gegen eine Dublin-Überstellung nach Italien.
1. Die Situation in Italien ist derjenigen in Griechenland vergleichbar, jedenfalls was den hier relevanten Zugang zu ärztlicher Versorgung und die für die Ausheilung von Verletzungen notwendigen Begleitumstände angeht.
2. Die Übersendung der Akte des BAMF, welche einen Entwurf des noch nicht zugestellten Dublin-Bescheids enthält, an den Bevollmächtigten zur Akteneinsicht, kann wie hier zur Bekanntgabe, d. h. wirksamen Zustellung, führen. Dem steht nicht entgegen, dass eine Bekanntgabe grundsätzlich den entsprechenden Bekanntgabewillen der Behörde voraussetzt. Darauf kann es in dieser besonderen Lage nicht ankommen, da ansonsten mit Blick auf die Zustellungspraxis des BAMF in Dublin-Verfahren das Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG verletzt würde.

Lediglich abstrakte, gegenwärtig nicht aktuelle Fragen des nationalen Verfassungsrechts? So kann sich Karlsruhe irren (intentional).

Bundesverfassungsgericht verzichtet auf Grundsatzurteil

Als wir die Dublin II-Kampagne im Winter 2009/2010 gestartet haben, hatten wir mit Spannung auf die Entscheidung des Bundsverfassungsgerichts geschaut. Nachdem im September 2009 ein erster Eilerlass gegen eine Dublin II-Abschiebung gesprochen wurde, der auch danach immer wieder verlänger worden ist, bestand bei uns die Hoffnung, dass das Bundesverfassungsgericht einen wesentlich Konstruktionsfehler des deutschen Asylrechts, der sich auch in der Dublin II-Verordnung niedergeschlagen hatte, korrigieren würde. Am 28. Oktober 2010 wurde in Karlsruhe verhandelt, und es zeichnete sich ab, dass es zu einer entsprechenden Korrektur kommen würde.

Mittlerweile ist klar, dass das Bundesverfassungsgericht diese Chance ohne Not hat verstreichen lassen.

Letzte Woche wurde bekannt, dass das Bundesinnenministerium für ein Jahr alle Dublin II-Abschiebungen ausgesetzt hat und zudem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angewiesen hat, in allen Fällen vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Hier die dementsprechende Weisung des BAMF vom 18. Januar 2011: AL 4 – 2011/1.

[I]n allen Fällen, in denen die Anwendung der [Dublin II-Verordnung] eine Überstellung von Drittstaatsangehörigen nach Griechenland bereits beabsichtigt ist bzw. künftig in Betracht kommt, gilt ab sofort:

  1. Das Bundesamt macht vom Selbsteintrittsrecht gemäß Artikel 3 der Dublin-VO Gebrauch.
  2. Die betroffenen Drittstaatsangehörigen werden nicht nach Griechenland übersetellt.
  3. Das Bundesamt führt die Asylverfahren der Betroffenen durch

Dies gilt auch für alle anhängigen Fälle, in denen eine Überstellung nach Griechenland aufgrund von Gerichtsentscheidungen oder wegen Petitionsverfahren derzeit nicht durchgeführt werden.

Diese Maßnahmen sind bis zum 12. Januar 2012 befristet.

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EGMR entscheidet: Belgische Behörden hätten Asylbewerber nicht nach Griechenland abschieben dürfen

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat heute sein Urteil im Fall Mss. gegen Belgien und Griechenland bekannt geben. Darin heißt es, beide Staaten – Griechenland und Belgien – hätten gegen Artikel 3 (Verbot der Folter) und 13 (Recht auf wirksame Beschwerde) in Zusammenhang mit Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen.

Dieses Urteil bedeutet, dass Abschiebungen ohne einen wirksamen Rechtsschutz auch auf Grundlage der Europäischen Dublin II-Regelung gegen die Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt.

In dem Fall MSS gg. Belgien und Griechenland klagte ein afghanischer Asylsuchender gegen seine Abschiebung aus Belgien nach Griechenland, die im Juni 2009 vollzogen wurde. Gegenstand des Verfahrens waren neben Artikel 3 und 13 auch Artikel 2 (Recht auf Leben).

Kurzbesuch Ungarn: Budapest – Debrecen – Bicske

17./18.Dezember 2010

Bericht als PDF auf deutsch: Kurzbesuch Ungarn_12.2010

Bericht als PDF auf englisch: Short visit to Hungary_12.2010

Flüchtlingslager in Debrecen/ Ungarn

Der folgende Bericht bezieht sich auf Gespräche während eines zweitägigen Besuchs in Ungarn. Wir sprachen vor allem mit afghanischen Flüchtlingen in Debrecen (Erstaufnahmelager – Transfers nach erstem Screening in Békéscsaba oder nach Ende der Haft in den verschiedenen Detention Camps) und in Bicske (Camp für unbegleitete Minderjährige und anerkannte Flüchtlinge, aber auch mit MitarbeiterInnen des Helsinki-Komitee Ungarn. Schwerpunkt dieser Gespräche war die Situation von über DublinII nach Ungarn abgeschobenen Flüchtlingen – aber auch generell die sozialen Bedingungen für Flüchtlinge in Ungarn. Das war nicht die erste Reise nach Ungarn, an der Leute aus dem Welcome to Europe Netzwerkbeteiligt waren: über das Border Monitoring Projekt Ukraine (http://bordermonitoring-ukraine.eu/) bestehen bereits seit über zwei Jahren gute Kontakte auch nach Ungarn. Und auch das Infomobil, das seit dem Sommer durch Griechenland tourt (http://infomobile.w2eu.net/), hatte auf der ersten Fahrt im Sommer einen Stopp in Ungarn eingelegt. Auch bei dieser Reise haben wir einige neue Kontakte geknüpft, alte vertieft und bekannte Gesichter wieder getroffen – und wir kommen sicher wieder…

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Kampagnenzeitung

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