Archive for the 'Berichte' Category

Lage der Flüchtlinge auf Malta

Dublin II-Rückschiebungen sofort stoppen! Sommeruniversität dokumentiert Lage der Flüchtlinge auf Malta

Presseerklärung, 26. September 2011. Ökumenische BAG Asyl in der Kirche

Die Internationale Sommeruniversität “Flüchtlingsschutz an den EU-Außengrenzen: Dialog zwischen Menschenrechten und Bibel” auf Malta von 14. – 25. September zieht Bilanz:

Ziel des Projekts war es, junge Erwachsene aus der Bundesrepublik Deutschland mit der besonderen Situation der Republik Malta als EU-Grenzstaat vertraut zu machen und Handlungsoptionen für die Arbeit mit Flüchtlingen auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes zu entwickeln. 14 junge Mitglieder von deutschen NGOs arbeiteten mit Flüchtlingen aus Äthiopien, Eritrea, Somalia, Togo, Mali, Sudan etc. sowie mit maltesischen StudentInnen in den “Open Centres” auf Malta an ausgewählten Themen: Dublin II-Regelung, Frauen und Kinder in Lagern, Sprachunterricht für Multiplikatoren, Situation von unbegleiteten Minderjährigen, Menschenrechtsberatung etc.

Unterstützt wurde die Sommer Universität von der EU (“youth in action”), der römisch-katholischen Kirche, der EKD und verschiedenen Evangelischen Landeskirchen.

Auffällig zahlreich waren die Begegnungen mit Flüchtlingen, die gemäß dem Dublin II-Verfahren zurück nach Malta abgeschoben worden waren. Statt EU-intern den kleinen Inselstaat zu entlasten, führt diese Regelung zu einer unhaltbaren Situation. Auch die freiwillige Aufnahme von 150 ausgewählten Flüchtlingen durch die Bundesrepublik Deutschland in 2011 führt zu keiner Enlastung, denn ihr stehen zahlreichen Rückschiebungen aus den nördlichen EU-Ländern gegenüber (Zahlen für 2010: 300 Aufnahmen gegenüber 566 Rückschiebungen).

In Treffen mit dem Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS Malta), dem Hilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR), der Agency for the Welfare of Asylum Seekers (AWAS), dem Marsa Open Centre, sowie weiteren NGOs konnten wichtige Kontakte geknüpft und Fragen gemeinsam erörtert werden.

“Wir haben nicht von Malta geträumt, sondern von einem sicheren Leben in Frieden in Europa”

Viele junge Flüchtlinge wiederholten diese Worte in den zahlreichen Gesprächen. Doch diese Träume zerschellen angesichts ihrer ausweglosen Lage auf Malta.

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Niederlande setzen eine Abschiebungen nach Italien aus

Einstweilige Anordnung der Verwaltungsabteilung des Staatsrats (Höchstes Gericht der Niederland) in Erwartung eines Urteils. Der Grund für diese Anordnung ist, dass es schon Eilanordnungen des EGMR gegen Abschiebungen nach Italien gab und der EGMR die Qualität des italienischen Asylsystems in Zweifel zieht.

Maschinenübersetzung mit Korrekturen:

Pending the appeal of December 3, 2010 (10/25730) on the application for an asylum permit, the [foreigner] asked to take a [temporary decision]. The stranger says that in Italy the processing of asylum claims [is] in breach of EU law and that the Minister in this respect should have used its authority to the application to voluntarily withdraw themselves in light of art. 3 paragraph 2 DV. He also maintained that a number of the ECHR decisions based on Rule 39 in relation to Italy’s interim measures suggest that the ECHR doubts the quality of asylum in Italy. He also stated that Italy has ignored interim measures in some cases. The [foreigner] was announced on January 28, 2011 to be [deported]. In light of the ruling of the ECHR (MSS against Belgium and Greece) of 21 January 2011 (30696/09), the president sees reason now to determine that the [foreigner] will not be released until the parties at the hearing on the request cite elated and then the President has ruled. The treatment will in the short term, but not before the proposed transfer date. Temporary Decision given.

VG Frankfurt stoppt Italien-Abschiebung

Beschluß vom 17. Januar 2011 (unsere Hervorhebungen)

Vorläufiger Rechtsschutz gegen eine Dublin-Überstellung nach Italien.
1. Die Situation in Italien ist derjenigen in Griechenland vergleichbar, jedenfalls was den hier relevanten Zugang zu ärztlicher Versorgung und die für die Ausheilung von Verletzungen notwendigen Begleitumstände angeht.
2. Die Übersendung der Akte des BAMF, welche einen Entwurf des noch nicht zugestellten Dublin-Bescheids enthält, an den Bevollmächtigten zur Akteneinsicht, kann wie hier zur Bekanntgabe, d. h. wirksamen Zustellung, führen. Dem steht nicht entgegen, dass eine Bekanntgabe grundsätzlich den entsprechenden Bekanntgabewillen der Behörde voraussetzt. Darauf kann es in dieser besonderen Lage nicht ankommen, da ansonsten mit Blick auf die Zustellungspraxis des BAMF in Dublin-Verfahren das Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG verletzt würde.

Lediglich abstrakte, gegenwärtig nicht aktuelle Fragen des nationalen Verfassungsrechts? So kann sich Karlsruhe irren (intentional).

Bundesverfassungsgericht verzichtet auf Grundsatzurteil

Als wir die Dublin II-Kampagne im Winter 2009/2010 gestartet haben, hatten wir mit Spannung auf die Entscheidung des Bundsverfassungsgerichts geschaut. Nachdem im September 2009 ein erster Eilerlass gegen eine Dublin II-Abschiebung gesprochen wurde, der auch danach immer wieder verlänger worden ist, bestand bei uns die Hoffnung, dass das Bundesverfassungsgericht einen wesentlich Konstruktionsfehler des deutschen Asylrechts, der sich auch in der Dublin II-Verordnung niedergeschlagen hatte, korrigieren würde. Am 28. Oktober 2010 wurde in Karlsruhe verhandelt, und es zeichnete sich ab, dass es zu einer entsprechenden Korrektur kommen würde.

Mittlerweile ist klar, dass das Bundesverfassungsgericht diese Chance ohne Not hat verstreichen lassen.

Letzte Woche wurde bekannt, dass das Bundesinnenministerium für ein Jahr alle Dublin II-Abschiebungen ausgesetzt hat und zudem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angewiesen hat, in allen Fällen vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Hier die dementsprechende Weisung des BAMF vom 18. Januar 2011: AL 4 – 2011/1.

[I]n allen Fällen, in denen die Anwendung der [Dublin II-Verordnung] eine Überstellung von Drittstaatsangehörigen nach Griechenland bereits beabsichtigt ist bzw. künftig in Betracht kommt, gilt ab sofort:

  1. Das Bundesamt macht vom Selbsteintrittsrecht gemäß Artikel 3 der Dublin-VO Gebrauch.
  2. Die betroffenen Drittstaatsangehörigen werden nicht nach Griechenland übersetellt.
  3. Das Bundesamt führt die Asylverfahren der Betroffenen durch

Dies gilt auch für alle anhängigen Fälle, in denen eine Überstellung nach Griechenland aufgrund von Gerichtsentscheidungen oder wegen Petitionsverfahren derzeit nicht durchgeführt werden.

Diese Maßnahmen sind bis zum 12. Januar 2012 befristet.

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Kurzbesuch Ungarn: Budapest – Debrecen – Bicske

17./18.Dezember 2010

Bericht als PDF auf deutsch: Kurzbesuch Ungarn_12.2010

Bericht als PDF auf englisch: Short visit to Hungary_12.2010

Flüchtlingslager in Debrecen/ Ungarn

Der folgende Bericht bezieht sich auf Gespräche während eines zweitägigen Besuchs in Ungarn. Wir sprachen vor allem mit afghanischen Flüchtlingen in Debrecen (Erstaufnahmelager – Transfers nach erstem Screening in Békéscsaba oder nach Ende der Haft in den verschiedenen Detention Camps) und in Bicske (Camp für unbegleitete Minderjährige und anerkannte Flüchtlinge, aber auch mit MitarbeiterInnen des Helsinki-Komitee Ungarn. Schwerpunkt dieser Gespräche war die Situation von über DublinII nach Ungarn abgeschobenen Flüchtlingen – aber auch generell die sozialen Bedingungen für Flüchtlinge in Ungarn. Das war nicht die erste Reise nach Ungarn, an der Leute aus dem Welcome to Europe Netzwerkbeteiligt waren: über das Border Monitoring Projekt Ukraine (http://bordermonitoring-ukraine.eu/) bestehen bereits seit über zwei Jahren gute Kontakte auch nach Ungarn. Und auch das Infomobil, das seit dem Sommer durch Griechenland tourt (http://infomobile.w2eu.net/), hatte auf der ersten Fahrt im Sommer einen Stopp in Ungarn eingelegt. Auch bei dieser Reise haben wir einige neue Kontakte geknüpft, alte vertieft und bekannte Gesichter wieder getroffen – und wir kommen sicher wieder…

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Nach der Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht

Hier eine kleine Presseschau der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht.

Die Süddeutsche Zeitung hat sich der Thematik ausführlich gewidmet und zwei Artikel sowie einen Kommentar von Heribert Prantl gebracht.

Der Artikel vom 29.10.2010 (Karlsruhe stellt Abschiebepraxis in Frage) fängt gleich mit einer Prognose an:

Das Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich den Rechtsschutz für Asylbewerber in Deutschland verbessern. Die Richter des Zweiten Senats tendieren in ihrer Mehrheit offenbar dazu, im Fall von Griechenland den rigiden Abschiebe-Automatismus aus dem Asylkompromiss der 90er Jahre auszusetzen

Weiter schreibt die SZ:

Der Zweite Senat wird in seinem für kommendes Frühjahr erwarteten Urteil jedoch nicht selbst darüber befinden, ob die Asylpraxis in Griechenland rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht oder nicht […]. Es geht einzig um den einstweiligen Rechtsschutz, der entweder direkt aus den europäischen Zuständigkeitsregeln oder direkt aus dem Grundgesetz abgeleitet wird.

Die Bundesregierung, vertreten durch Innenminister de Maizière, vertrat die unhaltbare These, dass das Asylsystem in Griechenland NICHT zusammengebrochen sei und zudem im laufenden Jahr nur 43 Griechenland-Abschiebungen stattgefunden hätten. Es sei zudem höchst problematisch, wenn das BVerfG die Lage in anderen Ländern prüfe.

Heribert Prantl hat in seinem Kommentar (Das Grundrecht dritter Klasse) die ganz optimistische Variante formuliert:

Seit 17 Jahren, seit 1993, lügt sich das neue deutsche Asylrecht die Welt zurecht. Das große Lügen geht jetzt zu Ende: Das Bundesverfassungsgericht macht die Heuchelei nicht mehr mit.

Diese Klausel [Drittstaatenklausel; w2eu] war das von der deutschen Politik erfolgreich propagierte Vorbild für das Asylrecht der EU. Aber die Schärfe der deutschen Klausel ist nach wie vor ohne Vorbild in Europa. Deutschland verhält sich wie Pontius Pilatus: Man wäscht die Hände in Unschuld und schiebt Flüchtlinge so rigoros ab wie Sarkozy die Roma. Zum Beispiel von Deutschland nach Griechenland – obwohl es dort keinen Schutz für Flüchtlinge gibt. Das Asylverfahren in Griechenland ist kein Schutz-, sondern ein Jagdrecht. Aber das deutsche Asylrecht nimmt das nicht zur Kenntnis. Was realiter in Griechenland (oder anderswo) passiert, interessiert nicht: Man schaut in die Listen, da steht “sicher” – und man schiebt ab. Man nennt das “normative Vergewisserung”; die Realität ist egal, der Buchstabe des Gesetzes alles.

Der Artikel von AFP (De Maizière warnt vor weiteren Rechten für Asylbewerber) geht noch etwas näher auf die Argumente der Bundesregierung ein:

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat vor zusätzlichem Rechtsschutz für Asylbewerber gewarnt, die über den EU-Grenzstaat Griechenland nach Deutschland einreisen. Defizite beim Vollzug des Asylrechts in Griechenland müssten “politisch gelöst” werden und nicht verfassungsrechtlich, sagte de Maizière vor dem Bundesverfassungsgericht. […]

De Maizière betonte, dass Griechenland als EU-Mitglied ein “Rechtsstaat” sei. Es stehe zwar “politisch außer Frage”, dass es dort “Defizite beim Vollzug des Asylrechts gibt”. Doch diese Mängel würden eine Abschiebung von Betroffenen nach Griechenland rechtlich nicht ausschließen. Griechenland habe für die Lösung des Flüchtlingsproblems Hilfe erbeten, es brauche Hilfe und es bekomme sie auch.

Zum Rahmen der kommenden Entscheidung schreibt die AFP:

Dem Gerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle zufolge müssen die Verfassungshüter nun entscheiden, “ob und unter welchen Voraussetzungen” ein Asylsuchender Eilrechtsschutz vor Abschiebung in einen sogenannten sicheren Drittstaat einfordern kann. Zu diesen Staaten zählen laut Verfassung automatisch alle EU-Mitgliedsstaaten. Artikel 16 des Grundgesetzes erlaubt den Schutz vor Abschiebung in sichere Drittstaaten nur in strengen Ausnahmefällen, etwa wenn solch ein Staat selbst keinen Schutz mehr vor politischer Verfolgung gewährt.

Auch der Focus hat einen Artikel gebracht (Verfassungsgericht für mehr Schutz).

Zur Einschätzung des BVerfG:

Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle nannte die Lage der Ausländer in Griechenland „prekär“. Die Karlsruher Verfassungsrichter erwägen deshalb, dass Betroffene vor ihrer Abschiebung nach Griechenland im Eilverfahren ein deutsches Gericht anrufen können. […]

Das Bundesverfassungsgericht sieht dagegen Anhaltspunkte für eine „massive Überforderung der griechischen Behörden“ in den Asylverfahren, wie Bundesverfassungsrichter Michael Gerhardt sagte. Die Karlsruher Richter verwiesen auf zahlreiche europäische Staaten, die die automatische Überstellung von Asylbewerbern nach Griechenland gestoppt hätten. Auch vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) liegt eine Vorlage, ob vor einer Abschiebung nach Griechenland einstweiliger Rechtsschutz gewährt werden müsse.

Es wird auch relativ klar dokumentiert, dass es der Bundesregierung keineswegs um ein faires Asylsystem geht, sondern dass das Ziel Migrationsverhinderung ist:

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) trat in Karlsruhe einer Rechtsänderung entgegen und warnte eindringlich vor den Folgen. Ein Transfer der Flüchtlinge von Griechenland in die EU-Staaten wäre die Folge. De Maizière bestätigte zwar Schwierigkeiten Griechenlands bei der Bewältigung der Asylverfahren und Mängel bei der Flüchtlingsunterbringung. Maßnahmen zur Abhilfe seien aber bereits auf dem Weg. „Griechenland braucht Hilfe und Griechenland bekommt Hilfe“, sagte de Maizière. Dies seien aber politische Fragen, keine verfassungsrechtlichen.

Die FAZ hat auch einen Artikel, der vor allem in Hinsicht auf die Verquickung mit der europäischen Ebene interessant ist (Der Geist der Menschenwürde):

Der Zweite Senat ließ andererseits anfangs kein gutes Haar an dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten des irakischen Asylbewerbers: „Es ist nicht klar, wo Sie damit hin wollen“, stellte Voßkuhle fest, so dass sich mancher fragte, wozu diese mündliche Verhandlung überhaupt anberaumt wurde. Der Anwalt hatte den Eindruck erweckt, als verdränge das europäische Asylrecht die deutschen Verfassungsbestimmungen, und er regte eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg an. Der ist tatsächlich schon mit dieser Frage befasst […]

Doch die Karlsruher Richter lassen sich, aller immer wieder betonten guten europäischen Zusammenarbeit zum Trotz, ungern sagen, dass sie eigentlich nicht zuständig sind. Schließlich hatte auch das Bundesverfassungsgericht, als es vor bald 15 Jahren den Asylkompromiss billigte, enge Ausnahmen zugelassen, in denen doch Rechtsschutz gewährt werden müsse. Doch für die Bundesregierung ist eine solche Ausnahme erst dann gegeben, wenn ein EU-Staat gleichsam selbst zu einem Verfolgerstaat wird, oder wenn, wie ihr Prozessbevollmächtigter Kay Hailbronner darlegte, das Asylsystem eines Landes völlig zusammengebrochen sei.

Am Schluß ist dann noch der gröbste Fehlgriff des Bundesinnenministers dokumentiert:

Es sei Ausdruck der „inneren Würde der Staaten“, sich nicht gegenseitig „Schulnoten“ zu erteilen [sagte der Bundesinnenminister; w2eu]. Das war eine Vorlage für Richter Udo Di Fabio: „Wir gehen ja von der Würde des Menschen aus.“ Und der Berichterstatter in diesem Verfahren, Michael Gerhardt, ergänzte: „Was ist mit den Individuen?“ In der Tat kann man es sich nur schwer vorstellen, dass das Bundesverfassungsgericht den individuellen Rechtsschutz aufgibt. Denn dass man sich grundsätzlich gegen hoheitliche Eingriffe wehren kann – unabhängig von europäischer Verflechtung – ist auch Ausfluss der Menschenwürde. Di Fabio sagte, diese sei wie ein „Geist“, der in den übrigen Grundrechten enthalten sei.

Österreichischer Verfassungsgerichtshof setzt erstmalig eine Griechenlandabschiebung aus

Nach zwei Meldungen von ORF.at (eins, zwei) hat der Verfassungsgerichtshof Österreichs eine Dublin II-Abschiebung nach Griechenland untersagt.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die Überstellung schutzbedürftiger Flüchtlinge nach Griechenland zwar nicht generell untersagt, allerdings mit einer neuen Auflage verbunden. Künftig müssen die Behörden eine „fallbezogene individuelle Zusicherung“ der griechischen Kollegen einholen, dass die Asylwerber auch tatsächlich betreut werden.
[…]
Der VfGH erklärte die Abschiebung nun […] für verfassungswidrig. Grund: Der Asylgerichtshof hatte in dem Verfahren zwar selbst die Frage aufgeworfen, ob die Familie – immerhin war die Frau mit einem sechs- und einem dreijährigen Kind sowie einem Neugeborenen unterwegs – in Griechenland überhaupt versorgt würde, hatte diese Frage aber nicht verlässlich beantwortet.

Stattdessen gab sich der Asylgerichtshof mit einem allgemeinen Hinweis des Bundesasylamts zufrieden, wonach bei besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen zumindest die vorläufige Unterbringung in Griechenland gewährleistet sei, wenn die Abschiebung rechtzeitig angekündigt wird. Aus Sicht der Verfassungsrichter wäre jedoch eine individuelle Zusicherung der Versorgung durch Griechenland nötig gewesen. Die Überstellung wurde daher mit Verweis auf das Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung (Artikel 3 Menschenrechtskonvention) aufgehoben.

Großbritannien, Dänemark: Abschiebungen nach Griechenland ausgesetzt

Dänemark stoppt Abschiebungen nach Griechenland
Nach der erfolgreichen Klage des Danish Refugees Council vor dem Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Dänemark 203 Abschiebungen nach Griechenland vorübergehend gestoppt. Der Danish Refugee Council kritisierte, dass es absolut keine Garantie für die Bearbeitung von Asylgesuchen in Griechenland gäbe. Dänemark sieht bisher davon ab das Selbsteintrittsrecht anzuwenden. Rund 400 Asylbewerber in Dänemark sind in Gefahr, gewaltsam nach Griechenland zurück abgeschoben zu werden.

Großbritannien setzt Dublin II Abschiebungen nach Griechenland aus
Wie die National Coalition of Anti-Deportation Campaigns meldete, gab am 20. September die UK Border Agency bekannt, Abschiebungen von Asylsuchenden nach Griechenland auszusetzen. Mit sofortiger Wirkung macht Großbritannien von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch und übernimmt die rund 1.300 ausstehenden Asylentschiede sowie alle neuen Asylanträge.

BVerfG verhandelt am 28. Oktober

Wie das Bundesverfassungsgericht heute mitgeteilt hat, wird die mündliche Verhandlung zu Dublin II am 28. Oktober stattfinden.

Verhandlungsgliederung

A. Einführende Stellungnahmen (je 10 Minuten)
B. Zulässigkeit
C. Anwendbarkeit des Art. 16a Abs. 2 GG im europäischen System der verteilten Asylzuständigkeit
D. Art. 16a Abs. 2 GG und das Konzept der normativen Vergewisserung über die Sicherheit im Drittstaat
– Verfassungsrechtliche Grundlagen des Konzepts der normativen Vergewisserung
– Ausnahmen vom Konzept der normativen Vergewisserung
– Anwendbarkeit des Konzepts der normativen Vergewisserung bei EU-Mitgliedstaaten
– Darlegungsanforderungen für die Annahme eines Ausnahmefalls
E. Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin II Verordnung)
– Mögliche Rechtspositionen aus der Verordnung
– Bedeutung für den einstweiligen Rechtsschutz
F. Folgeerwägungen und abschließende Stellungnahmen

Schweden: Fünf Abschiebungen nach Griechenland gestoppt

Das Migrationsgericht in Malmö hat fünf Abschiebungen von Asylsuchenden nach Griechenland gestoppt.

UNHCR:

Two rulings from the Migration Court in Malmö stopped the return of five asylum-seekers to Greece. The five asylum-seekers: two women and their three children, first sought asylum in Greece, where they were rejected. The Migration Court however finds that the asylum process in Greece is seriously flawed, that asylum-seekers will potentially not be given a fair trial, and are at risk of refoulement, in spite of possibly dire protection needs. The Court therefore suggests that Sweden should take over the assessment of the asylum applications. In 2008, the Migration Court decided that asylum-seekers could be returned to Greece but the court now states that Greek legislation has since deteriorated. UNHCR has refused to participate in the Greek asylum process. The Greek committee that previously tried appeals has been annulled, and the right to appeal has been limited. The Migration Court also mentions in the verdicts that only 1.2 per cent of all asylum applications, and 2 per cent of appeals, were approved by the Greek authorities. The Migration Court stresses that UNHCR has shown that the Greek rejections are standardised, and lack detailed legal discussions, references to case-specific facts, and country information. The court bases its decisions on a ruling by the European Court of Justice, calling on EU member states to halt the transfer of asylum seekers to Greece. The verdict was later appealed by the Migration Board, to the Migration Court of Appeal, the highest authority for cases concerning migration. This year, Sweden has returned 395 asylum-seekers to Greece.

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