Der UNHCR hat am 16. Juni 2010 eine Übersicht über die nationale Handhabung des Selbsteintrittsrechts in den Dublin-Staaten veröffentlicht:
Der UNHCR hat am 16. Juni 2010 eine Übersicht über die nationale Handhabung des Selbsteintrittsrechts in den Dublin-Staaten veröffentlicht:
Maria Bethke (Asylverfahrensberaterin in Gießen) und Dominik Bender (Rechtsanwalt in Frankfurt) haben eine Materialmappe für die Beratung von Flüchtlingen im Dublin-Verfahren erstellt, welche eine essentielle Hilfe für jede Beratungsstelle darstellt.
1. Einführung
2. Prüfschema Dublinverfahren – Welcher Staat ist zuständig?
3. Ablauf des Dublinverfahrens, wenn in Deutschland ein Asylantrag gestellt wird
4. Hinweise für die Beratung von
4.1. Flüchtlingen ohne Asylantrag
4.2. Unbegleiteten Minderjährigen
4.3. Flüchtlingen mit für Eurodac nicht verwertbaren Fingerabdrücken
4.4. Flüchtlingen mit „Griechenlandverfahren“
5. Anmerkungen zur Situation in den einzelnen Bundesländern
5.1. Hessen
6. Vorschlag zum Vorgehen, wenn es Hinweise auf ein Dublinverfahren gibt
7. Fragebogen Dublinverfahren – Fragen an Klienten in der Beratung
8. Typische Fallkonstellationen, in denen man gegen eine Überstellung vorgehen kann
9. „Am Rande des Rechts“ – Aufsatz zur Problematik der Dublin-IIVerordnung
10. „Sag mir, wie alt du bist!“ – Aufsatz zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im Dublinverfahren
Aus einer kleinen Anfrage (pdf) der Linksfraktion im Deutschen Bundestag und der Antwort der Bundesregierung geht hervor, dass die Bundesregierung weiter nicht beabsichtigt, die Dublin II-Abschiebungen nach Griechenland auszusetzen. Hier ein paar Auszüge:
4. Wie viele Asylverfahren waren Ende 2009 in Griechenland anhängig und noch nicht entschieden, und wie hoch war die Anerkennungsquote im Jahr 2009 in Griechenland (bitte jeweils auch nach den verschiedenen Entscheidungsinstanzen unterscheiden und gegebenenfalls Angaben zu anderen Zeiträumen machen, soweit diese vorliegen)?
Nach Angaben des Ministeriums für Bürgerschutz in Athen wurden im Jahr 2009 12 727 neue Asylanträge gestellt. In der ersten Instanz sind 29 501 Anträge bearbeitet worden; darunter sind auch 2008 gestellte Asylanträge. In der zweiten Instanz sind 12 095 Anträge neu gestellt und 870 bearbeitet worden. Als „unerledigt“ sind in der ersten Instanz 3 122 Fälle ausgewiesen, in der zweiten Instanz 45 079 Fälle. Die Anerkennungsquote in der ersten Instanz betrug 0,09 Prozent, zusätzlich wurde in 0,31 Prozent der Fälle humanitärer Schutz gewährt. In der zweiten Instanz wurden in 2,87 Prozent der Anträge Asyl gewährt, zusätzlich ist in 1,26 Prozent der Fälle humanitärer Schutz gewährt worden.
5. Wie begründet die Bundesregierung ihre Hoffnung auf Verbesserungen im griechischen Asylsystem (vgl. Bundestagsdrucksache 16/14149, Frage 29), z. B. infolge der Änderungen des griechischen Asylsystems vom Sommer 2009 (u. a. Dezentralisierung) angesichts des Umstands, dass der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) in einer Pressemitteilung vom 15. Mai 2009 erklärte, dass gerade diese Änderungen die Unabhängigkeit und Objektivität der zweiten Instanz gefährden und damit unter anderem die einheitliche Anwendung der Genfer Konvention und internationalen und europäischen Rechts und ein faires Verfahren „aufs Spiel“ gesetzt würden?
Die Bundesregierung geht davon aus, dass die griechische Regierung die erforderlichen Schritte unternimmt, um Probleme im griechischen Asylsystem zu beseitigen – sowohl in Bezug auf gesetzgeberische Maßnahmen zur Reform des Asylrechts als auch auf praktische Maßnahmen in der Verwaltung. Zur Dezentralisierung des Asylverfahrens durch den Präsidialerlass vom Sommer 2009 hat die Bundesregierung in ihrer Antwort zu Frage 29 der Kleinen Anfrage in Bundestagsdrucksache 16/14149 darauf hingewiesen, dass es noch zu früh sei, Aussagen über Auswirkungen des neuen Verfahrens zu treffen; im übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.
9. Ist es zutreffend, dass der UNHCR seit April 2008 einen generellen Stopp von Überstellungen nach Griechenland fordert, und wie weit geht diese Forderung in die Überlegungen der Bundesregierung ein (bitte begründen)?
Der Bundesregierung ist bekannt, dass der UNHCR befürwortet, keine Überstellungen von Asylbewerbern gemäß der Dublin-Verordnung nach Griechenland durchzuführen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 der Kleinen Anfrage in Bundestagsdrucksache 16/14149 verwiesen.
10. Ist es zutreffend, dass der UNHCR sich seit Juni 2009 nicht mehr am griechischen Asylsystem beteiligt, und geht die Bundesregierung damit ebenfalls nicht mehr davon aus, dass der Zugang zum Asylverfahren „grundsätzlich“ gegeben sei, wie der UNHCR in früheren Stellungnahmen geschrieben hatte?
Nach Kenntnis der Bundesregierung trifft es zu, dass der UNHCR seine Beteiligung am griechischen Asylsystem eingestellt hat, er wirkt allerdings weiterhin an der Ausbildung von zusätzlichen Befragern mit. In die aktuelle Diskussion zur Reform des griechischen Asylsystems ist der UNHCR eingebunden.
Die Bundesregierung ist weiter der Auffassung, dass Asylbewerber, die nach der Dublin-Verordnung von Deutschland nach Griechenland überstellt werden, grundsätzlich Zugang zu einem Asylverfahren haben.
Weiter liefert die Antwort der Bundesregierung Statistiken. Im Januar und Februar 2010 hat Deutschland demnach 420 Rückübernahmeersuchen an Griechenland gerichtet, von denen 312 positiv beschieden worden sind. Dem stehen 257 Fälle der Ausübung des Selbsteintrittrechts entgegen, woraus hervorgeht, dass Deutschland weiter aktiv darum bemüht ist, Dublin II-Abschiebungen nach Griechenland durchzuführen. Dies scheint jedoch mittlerweile praktisch unmöglich zu sein, stehen den 312 positiven Rückübernahmeersuchen doch lediglich sieben vollzogene Abschiebungen gegenüber. Leider gibt die Statistik keine Ursache für das Scheitern der restlichen 305 Abschiebungen, es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass in den meisten Fällen Rechtsmittel eingelegt wurden. Aus der Statistik geht hervor, dass es 2010 schon 66 Entscheidungen von Gerichten gegen eine Dublin II-Abschiebung nach Griechenland gab, während lediglich 18 Mal die Abschiebung erlaubt wurde. Damit stellt sich die Bundesregierung mit ihrer Haltung gegen die Mehrheit der deutschen Gerichtsentscheidungen.
Währenddessen besuchten AktivistInnen am 13. April 2010 eine Veranstaltung des parlamentarischen Staatssekretärs im Innenministerium Ole Schröder (CDU). Er ist dort für den Bereich “Migration und Integration” zuständig ist, welcher Dublin II miteinschließt. Er ist damit persönlich an der Formulierung der harten Haltung der Bundesregierung beteiligt, wollte sich jedoch auf der Veranstaltung der Diskussion nicht stellen.
Kurzer Hinweis auf zwei neue Texte.
Das EU-Büro von Amnesty International hat einen Bericht zur Situation von Flüchtlingen in Griechenland veröffentlicht: Flüchtlinge werden in Griechenland teilweise unter menschenunwürdigen Bedingungen festgehalten, sie haben keinerlei Chancen auf ein faires Asylverfahren und sind in Gefahr, in Länder abgeschoben zu werden, in denen ihnen Folter und Verfolgung drohen. Amnesty kritisierte anlässlich der Veröffentlichung, dass Deutschland im Rahmen der Dublin-II-Verordnung trotzdem Asylsuchende nach Griechenland zurückschiebt, obwohl die Situation bekannt ist und das Bundesverfassungsgericht derlei Rückführungen bereits mehrfach vorläufig gestoppt hat.
Im Hinterland Magazin ist ein Artikel zur Problematik des Dublin II-Verordnung von Dominik Bender erschienen.
Zum Auftakt der Kampagne haben wir eine Zeitung erstellt, die die Problematik der Dublin II-Regulation anhand der Situation in Griechenland darstellt. Ebenso beleuchtet werden jedoch das Sterben im Mittelmeer, Einzelschicksale und Ausblicke auf 2010.
Die Zeitung ist in einer Auflage von 10.000 Stück gedruckt worden und kann unter folgender Emailadresse bestellt werden: kampagne [at] dublin2 [punkt] info
. Die Zeitung eignet sich zum Auslegen, aber kann auch gerne bei lokalen Aktionen eingesetzt werden.