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Aktionen in Dortmund und Hamburg

Am 28. Mai fanden in Dortmund und Hamburg kleine feine Aktionen statt, mit der der Forderung nach einem Stopp der Dublin II-Abschiebungen nach Griechenland nochmal Nachdruck verliehen wurde.

Dortmund

Axel Christof, Referatsleiter in der Bundesamtsaußenstelle in Dortmund, wollte den für ihn vorbereiteten „Dublin II-Award“ in Form einer Stachledrahtblume zunächst nicht annehmen. Die extra aufgebotene Security am Haupteingang hatte den Auftrag, allenfalls ein Papier aber keine Gegenstände zu akzeptieren. Ihm wurde deshalb ein entsprechendes Plakat übergeben (siehe Fotos). Aber als dann in den Schlussworten der Kundgebung angedeutet wurde, dass ihm der Original-Award nach Hause gebracht würde, kam keine zwei Minuten später ein neuer Bote: Axel Christof wolle die Stacheldrahtblume jetzt doch gleich annehmen!

Immer wieder haben die Bundesamts-Beschäftigten aus den Fenstern gelinst und offensichtlich den lautsprecherverstärkten Redebeiträgen zuhören müssen. Das Dublin-Referat wurde darin verantwortlich gemacht für tausendfache Abschiebungen, für unzähliges Leid bis hin zum Tod von Flüchtlingen und MigrantInnen, die auf Initiative des Referats 431 in die Außengrenzenländer der EU zurückgeschoben werden. Insbesondere die katastrophale und krisengeprägte Situation in Griechenland wurde nochmals dargestellt; der fortgesetzte Versuch der Behörden, Flüchtlinge dorthin zurückzuschieben, ist ein besonderer Skandal. Axel Christof gehört zu den Hardlinern bei der Durchsetzung von Dublin-II-Abschiebungen, er wurde deshalb im Redebeitrag als Schreibtischtäter angesprochen.

Knapp 20 Menschen haben sich an dem frühmorgendlichen Protest beteiligt und mit Transparenten und Fotoplakaten den Eingangsbereich „demonstrativ umgestaltet“. Trotz großem Polizeiaufgebot wurden die Bundeamt-Beschäftigten wie auch die zu den Anhörungen einbestellten Flüchtlinge aber über einen Hintereingang ins Gebäude gelotst. Insofern war es umso wichtiger, mit einer Lautsprecheranlage das Gebäude zu beschallen. Dublin-II-Rückschiebungen stoppen und Auflösung des Referats 431 – die zentralen Botschaften der Redebeiträge konnten von den Angestellten im Gebäude gut verstanden werden – jedenfalls akkustisch!

Hamburg

Antirassismus-AktivistInnen präsentieren das Bild der geläuterten Innenminister der Frühjahrs-IMK (Innenministerkonferenz). Mit überraschenden Erkenntnissen haben Antirassismus-AktivistInnen am Freitag den Medien ein alternatives Bild der Innenminister präsentiert. Die geläuterten Innenminister legten in ihrer Kaminrunde am Mittwochabend neue, veränderte Richtlinien für die deutsche Flüchtlingspolitik fest. Geschlossen treten sie am Donnerstag um 13.15 Uhr zum alternativen Pressefoto vor dem Grand Hotel Elysée, Rothenbaumchaussee 10 an und visualisierten ihre „anderen“ Beschlüsse.

Bundesregierung bleibt uneinsichtig

Aus einer kleinen Anfrage (pdf) der Linksfraktion im Deutschen Bundestag und der Antwort der Bundesregierung geht hervor, dass die Bundesregierung weiter nicht beabsichtigt, die Dublin II-Abschiebungen nach Griechenland auszusetzen. Hier ein paar Auszüge:

4. Wie viele Asylverfahren waren Ende 2009 in Griechenland anhängig und noch nicht entschieden, und wie hoch war die Anerkennungsquote im Jahr 2009 in Griechenland (bitte jeweils auch nach den verschiedenen Entscheidungsinstanzen unterscheiden und gegebenenfalls Angaben zu anderen Zeiträumen machen, soweit diese vorliegen)?

Nach Angaben des Ministeriums für Bürgerschutz in Athen wurden im Jahr 2009 12 727 neue Asylanträge gestellt. In der ersten Instanz sind 29 501 Anträge bearbeitet worden; darunter sind auch 2008 gestellte Asylanträge. In der zweiten Instanz sind 12 095 Anträge neu gestellt und 870 bearbeitet worden. Als „unerledigt“ sind in der ersten Instanz 3 122 Fälle ausgewiesen, in der zweiten Instanz 45 079 Fälle. Die Anerkennungsquote in der ersten Instanz betrug 0,09 Prozent, zusätzlich wurde in 0,31 Prozent der Fälle humanitärer Schutz gewährt. In der zweiten Instanz wurden in 2,87 Prozent der Anträge Asyl gewährt, zusätzlich ist in 1,26 Prozent der Fälle humanitärer Schutz gewährt worden.

5. Wie begründet die Bundesregierung ihre Hoffnung auf Verbesserungen im griechischen Asylsystem (vgl. Bundestagsdrucksache 16/14149, Frage 29), z. B. infolge der Änderungen des griechischen Asylsystems vom Sommer 2009 (u. a. Dezentralisierung) angesichts des Umstands, dass der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) in einer Pressemitteilung vom 15. Mai 2009 erklärte, dass gerade diese Änderungen die Unabhängigkeit und Objektivität der zweiten Instanz gefährden und damit unter anderem die einheitliche Anwendung der Genfer Konvention und internationalen und europäischen Rechts und ein faires Verfahren „aufs Spiel“ gesetzt würden?

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die griechische Regierung die erforderlichen Schritte unternimmt, um Probleme im griechischen Asylsystem zu beseitigen – sowohl in Bezug auf gesetzgeberische Maßnahmen zur Reform des Asylrechts als auch auf praktische Maßnahmen in der Verwaltung. Zur Dezentralisierung des Asylverfahrens durch den Präsidialerlass vom Sommer 2009 hat die Bundesregierung in ihrer Antwort zu Frage 29 der Kleinen Anfrage in Bundestagsdrucksache 16/14149 darauf hingewiesen, dass es noch zu früh sei, Aussagen über Auswirkungen des neuen Verfahrens zu treffen; im übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.

9. Ist es zutreffend, dass der UNHCR seit April 2008 einen generellen Stopp von Überstellungen nach Griechenland fordert, und wie weit geht diese Forderung in die Überlegungen der Bundesregierung ein (bitte begründen)?

Der Bundesregierung ist bekannt, dass der UNHCR befürwortet, keine Überstellungen von Asylbewerbern gemäß der Dublin-Verordnung nach Griechenland durchzuführen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 der Kleinen Anfrage in Bundestagsdrucksache 16/14149 verwiesen.

10. Ist es zutreffend, dass der UNHCR sich seit Juni 2009 nicht mehr am griechischen Asylsystem beteiligt, und geht die Bundesregierung damit ebenfalls nicht mehr davon aus, dass der Zugang zum Asylverfahren „grundsätzlich“ gegeben sei, wie der UNHCR in früheren Stellungnahmen geschrieben hatte?

Nach Kenntnis der Bundesregierung trifft es zu, dass der UNHCR seine Beteiligung am griechischen Asylsystem eingestellt hat, er wirkt allerdings weiterhin an der Ausbildung von zusätzlichen Befragern mit. In die aktuelle Diskussion zur Reform des griechischen Asylsystems ist der UNHCR eingebunden.

Die Bundesregierung ist weiter der Auffassung, dass Asylbewerber, die nach der Dublin-Verordnung von Deutschland nach Griechenland überstellt werden, grundsätzlich Zugang zu einem Asylverfahren haben.

Weiter liefert die Antwort der Bundesregierung Statistiken. Im Januar und Februar 2010 hat Deutschland demnach 420 Rückübernahmeersuchen an Griechenland gerichtet, von denen 312 positiv beschieden worden sind. Dem stehen 257 Fälle der Ausübung des Selbsteintrittrechts entgegen, woraus hervorgeht, dass Deutschland weiter aktiv darum bemüht ist, Dublin II-Abschiebungen nach Griechenland durchzuführen. Dies scheint jedoch mittlerweile praktisch unmöglich zu sein, stehen den 312 positiven Rückübernahmeersuchen doch lediglich sieben vollzogene Abschiebungen gegenüber. Leider gibt die Statistik keine Ursache für das Scheitern der restlichen 305 Abschiebungen, es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass in den meisten Fällen Rechtsmittel eingelegt wurden. Aus der Statistik geht hervor, dass es 2010 schon 66 Entscheidungen von Gerichten gegen eine Dublin II-Abschiebung nach Griechenland gab, während lediglich 18 Mal die Abschiebung erlaubt wurde. Damit stellt sich die Bundesregierung mit ihrer Haltung gegen die Mehrheit der deutschen Gerichtsentscheidungen.

Währenddessen besuchten AktivistInnen am 13. April 2010 eine Veranstaltung des parlamentarischen Staatssekretärs im Innenministerium Ole Schröder (CDU). Er ist dort für den Bereich “Migration und Integration” zuständig ist, welcher Dublin II miteinschließt. Er ist damit persönlich an der Formulierung der harten Haltung der Bundesregierung beteiligt, wollte sich jedoch auf der Veranstaltung der Diskussion nicht stellen.

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