Es lohnt sich, aktiv zu werden. Das haben wir auch im letzten Jahr wieder erfahren, denn mit dem Nobordercamp auf Lesbos 2009 konnten wir direkt in das Geschehen an der europäischen Außengrenze eingreifen. Oder, wie es die Gruppe transact beschrieb: „Noch nie haben wir ein Nobordercamp erlebt, in dem politische Proteste und unmittelbare soziale Kämpfe um Bewegungsfreiheit so intensiv miteinander verknüpft werden konnten“. Diese Einschätzung basiert einerseits auf den vielen direkten Kontakten, die geknüpft worden sind, andererseits auch auf der Erfahrung, dass eine mediale Skandalisierung der gegenwärtigen Unmenschlichkeiten der europäischen Migrationspolitik erfolgreich sein kann. Der Film „Voices from the Inside of Pagani“, in der Hölle von Pagani von Flüchtlingen selbst gedreht und über das Internet verbreitet, wurde nicht nur im Sommer 2009 weltweit gezeigt, er ist auch seitdem immer wieder im Fernsehen, aber auch bei Protestaktionen gezeigt worden. Und auch im Februar 2010 ist Pagani immer noch ein Thema, über das in seitenfüllenden Artikeln geschrieben wird. Wir sind uns sicher, dass die vielfältigen Aktivitäten gegen die Dublin II-Abschiebungen nach Griechenland dazu geführt haben, dass – zumindest bis zur endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – aus Deutschland kaum noch Abschiebungen dorthin durchgesetzt werden können. Vielen Flüchtlingen ist es dadurch gelungen, in Deutschland Schutz zu erlangen und immer noch treffen Menschen ein, die wir im August 2009 in Lesbos kennengelernt haben. Und die Kritik an den Zuständen in Griechenland hat inzwischen indirekt dazu geführt, dass das Bundesamt nun auch bei Dublin II-Verfahren nach Malta vorsichtiger wird und kein Überstellungsantrag gestellt wird.
An die bisherigen Erfolge wollen wir mit der Kampagne anknüpfen. Ziel ist es, zunächst die Abschiebungen nach Griechenland endgültig zu stoppen. Dabei kann es aber nicht bleiben. Wir respektieren den Wunsch der Flüchtlinge, ihren Asylantrag dort zu stellen, wo ihnen dies sinnvoll erscheint, z.B. weil bereits Verwandte in dem betreffenden Land leben oder weil die Chancen, Schutz zu erlangen dort besser sind. Den „objektiven“ Kriterien der Dublin II-Verordnung setzen wir die subjektiven Kriterien der Flüchtlinge entgegen und sind uns sicher, dass diese Kriterien letztlich die gerechteren und einzig menschlichen sind. Das Dublin II-System wird historisch nur einer der vielen untauglichen Versuche sein, Migration zu regulieren und Menschen an bestimmte Orte zu fesseln. Die Dysfunktionalität des Systems liegt auf der Hand und so sollte es möglich sein, Dublin II zum Kippen zu bringen.
Diese Kampagne wird vor allem lokal zu füllen sein. Wir laden euch alle ein, euch zu beteiligen: lokale Bündnisse, die sich gegen Abschiebungen wehren; die AnwältInnen, die die Urteile und Entscheidungen vor den Gerichten erstritten haben; die AktivistInnen, die nicht nur im Sommer aktiv sind; alle Menschen, die die unglaublichen Härten der europäischen Migrationspolitik nicht ertragen können.
Handlungsmöglichkeiten gibt es viele:
- Protestaktionen vor den Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, der Bundespolizei, an Flughäfen, Abschiebehaftanstalten und vor den Landesbehörden, die für die Vollstreckung der Abschiebebescheide zuständig sind,
- individuelle Schreiben an die verantwortlichen Entscheidungsträger im Bundesministerium des Inneren und im Bundesamt in Nürnberg und der Außenstelle Dortmund (Dublin-Referat),
- Recherche und Dokumentation der Situation in den Zielstaaten der Abschiebungen,
- lokale und überregionale Öffentlichkeitsarbeit,
- Beteiligung an Aktionen an den Europäischen Außengrenzen.
Links