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Zwei neue Texte

Kurzer Hinweis auf zwei neue Texte.

Das EU-Büro von Amnesty International hat einen Bericht zur Situation von Flüchtlingen in Griechenland veröffentlicht: Flüchtlinge werden in Griechenland teilweise unter menschenunwürdigen Bedingungen festgehalten, sie haben keinerlei Chancen auf ein faires Asylverfahren und sind in Gefahr, in Länder abgeschoben zu werden, in denen ihnen Folter und Verfolgung drohen. Amnesty kritisierte anlässlich der Veröffentlichung, dass Deutschland im Rahmen der Dublin-II-Verordnung trotzdem Asylsuchende nach Griechenland zurückschiebt, obwohl die Situation bekannt ist und das Bundesverfassungsgericht derlei Rückführungen bereits mehrfach vorläufig gestoppt hat.

Im Hinterland Magazin ist ein Artikel zur Problematik des Dublin II-Verordnung von Dominik Bender erschienen.

Kampagnenzeitung Über die Grenze

Zum Auftakt der Kampagne haben wir eine Zeitung erstellt, die die Problematik der Dublin II-Regulation anhand der Situation in Griechenland darstellt. Ebenso beleuchtet werden jedoch das Sterben im Mittelmeer, Einzelschicksale und Ausblicke auf 2010.

Die Zeitung ist in einer Auflage von 10.000 Stück gedruckt worden und kann unter folgender Emailadresse bestellt werden: kampagne [at] dublin2 [punkt] info. Die Zeitung eignet sich zum Auslegen, aber kann auch gerne bei lokalen Aktionen eingesetzt werden.

Kampagnenzeitung Über die Grenze – Dublin II, Flucht und Abschiebung in einem Europa der Grenzen als .pdf herunterladen (857kb)

Inhaltsverzeichnis und alle Texte der Zeitung

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Kampagne gegen Dublin-II-Abschiebungen nach Griechenland

Die aktuelle Situation erscheint uns den Versuch wert, mit einer mehrmonatigen Kampagne einem Grundpfeiler der EU-Flüchtlingspolitik auf die Pelle zu rücken: der Dublin II-Verordnung und hier zunächst den Abschiebungen von Deutschland nach Griechenland. Wir sehen eine reale Chance, das Bundesinnenministerium (BMI) mit einer inhaltlich wie praktisch gut vorbereiteten und breiter getragenen Kampagne in die Defensive zu drängen oder sogar die Aussetzung der Abschiebungen nach Griechenland zu erzwingen. Mitte/Ende März wollen wir mit koordinierten Aktivitäten beginnen. Bis dahin sind eine Massenzeitung und Plakate gedruckt, nicht zuletzt um auf lokaler Ebene Öffentlichkeit herzustellen. Ende März sollen eine Email- und Faxkampagne anschließen, kombiniert mit ersten dezentralen Protestaktionen. Wir hoffen, dass die folgenden Argumente soweit überzeugen, dass viele Gruppen und Initiativen mitziehen. Und wir bitten um kurze Rückmeldung, wer Interesse hat und mitwirken möchte, wer z.B. Zeitungen verteilen oder zu der Thematik im März, April oder Mai Veranstaltungen organisieren will.

Am 27. und 28. März findet ein bundesweites Treffen statt, in dem – neben der Beteiligung an weiteren Aktivitäten in Griechenland – die Kampagne gegen Dublin II der Schwerpunkt sein wird. Dort sollen dann auch die (weiteren) gemeinsamen Schritte für das Frühjahr abgesprochen werden.

Karawane München und kein mensch ist illegal Hanau

Zum Hintergrund des Kampagnenvorschlags

Ausgangspunkt ist zunächst eine erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit zu Griechenland, die bereits 2007 von Pro Asyl initiiert und kontinuierlich fortgesetzt wurde und die mit dem Nobordercamp auf Lesbos und den Bildern aus dem Internierungslager Pagani im letzten Jahr weitere Dynamik gewonnen hat. Nachdem bereits seit 2008 immer wieder Gerichte Abschiebungen nach Griechenland gestoppt hatten, hat ab September 2009 auch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in mittlerweile neun Fällen die vorläufige Aussetzungen bestimmt. Frühestens im Sommer 2010 ist mit einer grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu rechnen. Das BMI hält weiterhin mit Zähnen und Klauen an den Abschiebungen nach Griechenland fest. Denn wenn es gelingt, die Abschiebungspraxis in dieses – für die Vorverlagerung der Migrationskontrolle zur Zeit bedeutendste EU-Land an der südlichen Außengrenze – zu Fall zu bringen, gerät das gesamte Dublin-System in Frage. Das BMI hat unlängst die Landesinnenministerien davor gewarnt, den Vollzug der Abschiebungsbescheide des Bundesamtes auszusetzen, so wie Bayern und Baden-Württemberg dies bereits getan haben. Die z.T. höchstrichterlichen Entscheidungen seien als „Einzelfälle“ zu betrachten.

Griechenland hatte 2009 Polen als Zielland Nr. 1 für Dublin-II-Rückschiebungen abgelöst. Fast 25 % der Überstellungsersuchen wurden 2009 an Griechenland gerichtet. Mittlerweile steht der Apparat zwar weitgehend still. Wer sich als Betroffener einen guten Anwalt leisten kann, braucht momentan kaum zu befürchten, nach Griechenland zurückgeschoben zu werden. Gleichwohl bleiben diejenigen gefährdet, die in Haft sind oder sich keinen Anwalt nehmen können. Bundespolizei und Behörden haben weiterhin den rechtlichen Spielraum, Rückschiebungen zu vollziehen und Haft zu verhängen. Zudem verlängert sich durch den Zwang, in jedem Einzelfall per Eilantrag gerichtlich vorzugehen, die Überstellungsfrist um sechs Monate und damit die Möglichkeit, die Abschiebungsdrohung aufrechtzuerhalten.

Eine offizielle Aussetzung der Abschungen nach Griechenland würde alle Flüchtlinge, die durch Griechenland eingereist sind, endgültig vor Rückschiebungen schützen. Auf europäischer Ebene hätte dies eine Signalwirkung, denn auch in einigen anderen EU-Ländern wackeln die Dublin-II-Abschiebungen nach Griechenland. Die aktuelle Entwicklung in Griechenland dürfte dazu beitragen, die brutale Sturheit des BMI öffentlich skandalisierbar zu machen. Zwar hat die neue griechische Regierung diverse Reformen versprochen, doch selbst wenn diese Pläne in den nächsten Monaten in neue Gesetze und Verordnungen münden, werden diese auf lange Zeit die katastrophale Lage in Griechenland nicht ändern. Bis die nötige Infrastruktur zur Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen geschaffen ist, werden noch Jahre vergehen, zumal sich der griechische Staat am Bankrott entlang hangelt. Währenddessen setzt die Europäische Union auf weitere Vorverlagerung und Repression, um Flüchtlinge daran zu hindern, überhaupt Griechenland zu erreichen. Die Türkei als zentrales Transitland soll unmittelbar in die Migrationskontrolle eingebunden werden und in Griechenland wird in diesem Jahr die bislang größte Frontex-Operation starten. Die Situation wird absehbar erneut und weiter eskalieren, wenn im Frühjahr dennoch wieder Tausende in die Boote steigen, um auf die griechischen Inseln zu gelangen. So wichtig die Unterstützung der Flüchtlinge auf dem Weg nach und in Griechenland ist, so entscheidend ist gleichzeitig, dass sie sich innerhalb der EU weiter durchschlagen können.

Die Praxis der Dublin-II-Abschiebungen in Deutschland, der treibenden Kraft der Vorverlagerungspolitik, weiter zurück zu drängen oder gar ganz auszuhebeln, erscheint uns insofern als eine vorrangige Aufgabe. Denn einerseits würden gerade wegen der zentralen Stellung Deutschlands andere Mitgliedsstaaten folgen und damit das Dublin II-System weiter erschüttern, andererseits ist die Situation der Flüchtlinge ein Resultat europäischer, nicht griechischer Politik, weswegen wir alle aufgefordert sind, uns für eine schnelle Änderung einzusetzen.

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